Robert Rauschenberg – A Window to the World
Galerie Bastian
Taylorstraße 1
14195 Berlin
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Vor annähernd 70 Jahren. Es ist der Sommer 1954 in New York. Der Künstler Robert Rauschenberg ist 29 Jahre alt. Er hat, um der Klarheit eines Anfangs willen, um alle Sinnschichten der zeitgenössi- schen abstrakten Malerei für sich zu klären, auch in einem Akt der Verweigerung, der Ablehnung besonderer Urheberschaft, monochrome Bilder hergestellt. Weiße Bilder, für die er gewöhnliche Wandfarbe benutzt, schwarze und rote Bilder. Er gebraucht Zeitungsfragmente, die er in Farbe taucht. Er stellt Werke mit Blattgoldoberflächen her. Über die »Weißen Bilder« wird er eines Tages sagen, sie seien »Flugfelder für Licht, Schatten und Partikel«. Aber in diesem Sommer bricht das ur- bane Leben mit Vehemenz in die für den Künstler notwendigen, jedoch transitiven Erfahrungen der Welt dieser monochromen Werke.
Die Maler-Freunde Robert Rauschenberg, Jasper Johns und Cy Twombly zusammen mit Merce Cun- ningham und John Cage hatten zu Beginn der fünfziger Jahre erkannt, daß das leidenschaftlich gesti- sche Formenvokabular des Abstrakten Expressionismus rationale Strukturen nicht aufgehoben, son- dern nur verdeckt hatte, daß die suggerierte, subtile Gewalt der reinen emotionalen Wirkung die Trennung von Leben und Kunst nur verschärft hatte und eine hermeneutische Philosophie entstan- den war. Die Künstler fühlten sich frei, die Unmittelbarkeit des Lebens und der Welt in neuen Bild- sprachen zu suchen. Sie mißtrauten jeder Kunst, die als paradigmatische Gegenwelt entstand. Robert Rauschenbergs Bilder werden das Kaleidoskop des urbanen Lebens: autobiographische Kontexte, Chimären und das Strandgut der Metropolen, Nachrichten aus dem Meer der Fiktionen und der Rea- lität, die sich in Bildern und Objekten zur dicht gewebten, vielschichtigen Bedeutung des Lebens fin- den. Robert Rauschenberg wollte unbedingt beides zugleich: die Unmittelbarkeit des Lebens in der Autonomie eines Werkes, das von diesem Leben berichtet. In seinen Bildern nimmt er auf, was nie in Bildern zu sehen, was für Bilder nie vorgesehen war.
Später wird er einmal sagen: »Die Materialien wissen, daß sie und ich gemeinsam etwas versuchen.« Rauschenberg fragte: »Warum sollte man sich nicht vorstellen können, daß die ganze Welt ein Bild ist?« Folgerichtig gibt es in seinen Werken keine Hierarchien mehr, keine Nobilitierungen. Die leiden- schaftlichen Erfahrungen der Facetten des Lebens sind die Schöpfer dieser Werke. Der kontextuelle Reichtum seiner Bilder ist der Stoff, in dem fortan die alltäglichen Mythen leben.
»Wenn du am Strand bist«, sagte er einmal während eines langen Winteraufenthalts auf Captiva Island am Golf von Mexiko, »bring mit, was das Meer an den Strand spült. Ich werde es gebrauchen.« Robert Rauschenberg war und ist der Proteus unter den Künstlern des letzten Jahrhunderts.
-Heiner Bastian